OLG Rostock v. 24.7.2024 - 10 UF 24/24

Zur Abgrenzung zwischen einer (bloßen) Umgangsregelung und einer Umgangseinschränkung

Der Entschluss die radiale Begrenzung aufzuheben folgte daraus, dass das AG insofern über eine bloße „Regelung“ i.S.d. § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB hinaus eine „Beschränkung“ i.S.d. § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB angeordnet hatte, die sich – weil zeitlich unbeschränkt wirkend – an dem strengen Maßstab des § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB messen lassen musste, der im Ergebnis der ergänzenden Befragung des Sachverständigen durch den Senat unzweifelhaft nicht erfüllt war.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um den Umgang des Kindesvaters mit den beiden gemeinsamen - bei der Kindesmutter in Mecklenburg-Vorpommern lebenden - Kindern. Der Kindesvater wohnt in Hessen, wo ursprünglich der gemeinsame Familienwohnsitz bestand. Die Kindeseltern sind massiv zerstritten. Selbst aus der erheblichen Distanz ergaben und ergeben sich große Schwierigkeiten im Hinblick auf den Umgang mit den Kindern.

Mit dem hier beschwerdegegenständlichen Beschluss hatte das AG nur zum Teil zugelassen, dass der Kindsvater den Großteil der regelmäßigen Wochenendumgänge nur in einem Umkreis von 50 km vom Wohnsitz der Kindesmutter ausüben dürfe, was bisher regelmäßig die Anmietung einer Ferienwohnung erfordert hat. Den Antrag des Kindesvaters auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses hat das AG abgelehnt.

Auf die Beschwerde des Kindesvaters hat das OLG den Beschluss teilweise abgeändert.

Die Gründe:
Die Beschwerde des Kindesvaters hat im Wesentlichen in Bezug auf die vom Kindesvater monierte radiale Beschränkung der Umgangsausübung Erfolg. Soweit der Vater daneben insbesondere ein aus seiner Sicht „zu wenig“ an Ferienumgang bemängelt hatte, erwies sich die Beschwerde überwiegend als unbegründet. Nicht zuletzt in Anbetracht der Hochstrittigkeit der Kindeseltern und der wiederholt feststellbaren Tendenz, im Streitfall um der eigenen Position willen am Buchstaben der Beschlusslage „zu kleben“ und selbst mehr als naheliegende Auslegungsergebnisse zu Gunsten einer dem jeweils anderen nachteiligen Interpretation zu ignorieren.

Es bestand weder Anlass noch Raum, den Aufenthalt der Kinder bei ihrer Mutter zu Gunsten des Kindesvaters in Frage zu stellen. Vor diesem Hintergrund stellte sich hier lediglich die Frage, in welchem konkreten Umfang der Kindesvater Umgang ausüben darf und muss. Dabei war in jedem Fall die durch das AG für jeweils drei von vier Regelumgangswochenenden zum Nachteil des Kindesvaters angeordnete radiale Begrenzung aufzuheben. Das folgte daraus, dass das AG insofern über eine bloße „Regelung“ i.S.d. § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB hinaus eine „Beschränkung“ i.S.d. § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB angeordnet hatte, die sich – weil zeitlich unbeschränkt wirkend – an dem strengen Maßstab des § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB messen lassen musste, der im Ergebnis der ergänzenden Befragung des Sachverständigen durch den Senat unzweifelhaft nicht erfüllt war. Der Sachverständige hatte vor dem Senat in tatsächlicher Hinsicht klar und überzeugend erklärt, dass die Reiseaufwände keine Kindeswohlgefährdung darstellen würden. Auch die Kinder hatten übereinstimmend erklärt, mit den Reiseaufwänden gut umgehen zu können.

Der Senat hat die wiederholte Anregung des Kindesvaters, die Kindesmutter ggf. zwangsweise an den Umgangskosten zu beteiligen, nicht aufgegriffen. Soweit die Kindesmutter im Rahmen der Exploration selbst erklärt haben sollte, sich eine (hälftige) Beteiligung an den Umgangskosten vorstellen zu können, ist damit jedenfalls kein selbständiger Anspruch begründet worden. Ein abstraktes Versprechen wäre zudem formnichtig, weil nicht schriftlich abgegeben, §§ 125 Satz 1, 780 Satz 1, 781 Satz 1 BGB. Auch aus den gesetzlichen Bestimmungen zum Umgangsrecht - insbesondere aus § 1684 BGB - ließ sich eine Pflicht des betreuenden Elternteils zur Beteiligung an den Umgangskosten nicht herleiten. Eine ausnahmsweise Beteiligung des betreuenden Elternteils an den Umgangskosten könnte allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn der Verpflichtete diese nicht aufbringen kann, der andere Elternteil über ein auskömmliches Einkommen verfügt und das Umgangsrecht andernfalls leerlaufen würde. Dass diese Voraussetzungen hier vorlägen, war bei allem Verständnis nicht zu ersehen.

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Aufsatz
Alexandra Altrogge
Das Eckpunktepapier zum Kindschaftsrecht - der große Wurf oder doch nur ein Flickenteppich? - Teil 2
FamRB 2024, 215
FAMRB0065320

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.07.2024 15:17
Quelle: Landesrecht M-V

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